Pommersfelden – Schloß Weissenstein

Auf unserem Weg von Bamberg nach Würzburg kommen wir zufällig nach Pommersfelden. Die kleine Gemeinde mit ihren 3050 Einwohnern hat im ostfränkischen den Namen „Bummerschfelln“. Pommersfelden liegt am Rande des Naturparks Steigerwald. Durch den Ort fließt die Reiche Ebrach. Nach dem Hinweisschild „Schloß Weissenstein“ machen wir am Parkplatz Halt.

Geschichte

Von der Geschichte um den kleinen Ort sind wir ganz begeistert. Urkundliche Erwähnung findet der Ort erstmals 1297. Im 14. Jahrhundert war die Gemeinde im Besitz der Truchsess von Pommersfelden. Die evangelisch-lutherische Kirche St. Maria und Johannes wurde 1349 von Heinrich Truchsess gestiftet.

Mit dem Tod von Friedrich Ernst Truchsess im Jahr 1710 starb dieses Adelsgeschlecht aus. Der Kurfürst Truchsess machte in seinem Testament Lothar Franz von Schönborn zum Universalerben. Lothar Franz von Schönborn war der Erzbischof von Mainz und Fürstbischof von Bamberg. Der Erzbischof erhielt durch diese Erbschaft die Herrschaft über Pommersfelden mit seinerzeit 81 Anwesen und das dazugehörige Wasserschloss.

Die Schönborn’sche Herrschaft von Pommersfelden übte das „Hochgericht“ aus. Das Hochgericht urteilte über schwerwiegende Taten. Nicht selten bestand das Urteil aus Verstümmelungen oder der Todesstrafe.

Frondienste

Auch die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte die Schönborn’sche Herrschaft inne. Sie waren die „Grundherrn“ der Untertanen. Die Untertanen mußten Abgaben aus ihrem Erwirtschafteten an den Grundherrn leisten. Die gelieferten Naturalleistungen dienten der Hofhaltung.

Ebenso hatten die Untertanen Frondienste zu leisten. Es waren Tätigkeiten die jährlich, wöchentlich oder täglich zu verrichten waren. Bauern leisteten Hand- und Spanndienste. Handdienste fielen in der Landwirtschaft durch säen, pflegen und ernten der Äcker an. Spanndienste waren Arbeiten die mit Zugtieren ausgeführt wurden. Sie mußten Abgaben bei einem Erbfall leisten. Bei der Eheschließung war eine Gebühr zu entrichten. Die Mühle, das Eigentum des Grundherrn, durfte man nur gegen eine Gebühr nutzen. Das Bier der herrschaftlichen Brauerei mußte von den Untertanen gekauft werden.

Jeder Grundherr hatte aber auch Pflichten. Es galt der Grundsatz „Treue und Gehorsam gegen Schutz und Schirm“. Er mußte dem Volk wirtschaftliche Grundsicherung gewähren. Bei Krankheit, Missernten oder Katastrophen helfen. Auch die Unterstützung bei einer Bestattung gehörte zu seinen Pflichten. Nicht zuletzt sollte er Schutz vor dem Abwerben als Söldner für fremde Kriegsherren bieten.

Kommen wir nun zur „Sommerresidenz“ von Lothar Franz Graf von Schönborn dem

Schloss Weissenstein.

Das Schloss zählt zu den besterhaltenen Kulturdenkmälern in Europa. Es ist ein Glanzstück des fränkischen Barock. Weissenstein gehört, neben der Residenz in Würzburg, zu den wichtigsten Schlossbauten des 18. Jahrhunderts.

Beim Schloss Weissenstein handelt es sich um ein Privatschloss. Es wurde ausschließlich aus privaten Mitteln von Lothar Franz von Schönborn finanziert. Einen Großteil der Summe hatte von Schörnborn durch eine Spende von Kaiser Karl VI. erhalten, da er dessen Wahl unterstützt hatte. Der Betrag von 100000 Taler deckte 2/3 der Baukosten. Die Grundsteinlegung von Schloss Weissenstein erfolgte am 1. Oktober 1711. Es war der Tag des Geburtstags von Kaiser Karl VI. Wie man sieht war auch seinerzeit Schmiergeld und Wahlmanipulation üblich.

Wir gehen vom Parkplatz über den Hof vom Schloss, der jedoch noch nicht vermuten läßt, welcher Prunkbau sich nach dem großen Eingangstor befindet.

Wir besichtigen das Schloss nach dem Entrichten des Eintrittspreises von € 8,00 pro Person. Eine Führung war aufgrund Corona nicht möglich. Wir konnten alleine (fast alleine) gehen, denn eine Dame ist immer hinter uns hergelaufen.

Wir können lesen, dass seit 1998 Paul Graf von Schönborn-Wiesentheid weit verzweigte Besitztümer im In- und Ausland verwaltet. Er ist auch der Stiftungsverwalter der gemeinnützigen Stiftung Schloss Weissenstein. Der heutige Stammsitz der Grafenfamilie ist Schloss Wiesentheid in Unterfranken.

Das Treppenhaus

war der Schauplatz beim barocken Empfangszeremoniell. Die Treppenanlage ist in zwei übereinander liegende Galerien aufgeteilt. Es ist der eigentliche Hauptraum des Schlosses. Das Deckenfresko entstand in einer Gemeinschaftsarbeit der Maler Johann Rudolf Byss und Giovanni Francesco Marchini. Im Gemälde ist Apoll als Sonnengott dargestellt. Er sitzt auf einem, von vier weißen Pferden gezogenem Wagen. Im Deckenfresko sind die vier, seinerzeit bekannten Kontinente Afrika, Amerika, Asien und Europa zu sehen.

Die Treppe war die Idee von Lothar Franz von Schönborn. Einen Vergleich gab es in Deutschland seinerzeit nicht. Als Vorbild gab es nur Schloss Versailles.

Der Grottensaal

befindet sich im Erdgeschoss. Dieser Saal wird auch sala terrena genannt, d.h. Saal zu ebener Erde. Angefertigt wurde er von Georg Hennicke in den Jahren 1722/23. Er stattete ihn aufwendig als Muschelgrotte aus. Hennicke verwendete künstliche und natürliche Mineralien wie Muscheln, Tuffstein, Kristalle, Glassteine und Spiegel. Im Saal sind acht große, weisse Stuckfiguren ausgestellt. An einer Wand sind die vier Jahreszeiten zu sehen. Auf der gegenüberliegenden Wand werden die vier Elemente Erde, Luft, Wasser, Feuer in Form einer Person dargestellt.

Der für ein Schloss niedrige, dunkle Raum hat enorm dicke Mauern. Diese Mauern müssen den darüber liegenden Marmorsaal tragen. Durch die geringe Raumhöhe kommt der Saal einer Höhle gleich. Vermutlich aus diesem Grund wurde er als Grotte ausgestattet. Im übrigen war es nie Wohnraum sondern nur Aufenthaltsort an heissen Sommertagen.

Im Marmorsaal

wurde nur der Fussboden und die Sockelleisten aus echtem Marmor gefertigt. Für die Säulen, Pilaster und das Gesims wurde aus statischen Gründen Stuckmarmor verwendet. Der echte Marmor stammt aus Katzenelnbogen in Rheinland-Pfalz. Aus diesem Steinbruch stammen auch acht Pfeiler der Würzburger Kathedrale.

Im Marmorsaal wird die Ahnengalerie der Familie von Schönborn gezeigt.

Im Juli und August wird der Saal für Konzerte des Collegium Musicum genutzt. Gegründet wurde das Collegium Musicum 1958 von Dr. Karl Graf von Schönborn 1957. Hier können sich Musikstudenten aus der ganzen Welt bei einem Orchester- oder Kammerkonzert einem öffentlichen Publikum vorstellen.

Das Appartement

des Kurfürsten liegt nördlich des Festsaals. Es besteht aus einem Audienzzimmer. Hier wurden Gäste empfangen und wichtige Angelegenheiten entschieden. Interessant sind die Gemälde über den Türen, den „Supraporten“. Der Künstler Francesco Trevisani erhielt den Auftrag für vier Gemälde, die er speziell für diesen Platz anfertigte. Dargestellt sind Szenen des Ehebruchs aus dem Alten Testament. Wir hätten nicht gedacht, dass Ehebruch schon zu damaligen Zeiten ein öffentliches Thema.

Im Speisezimmer des Appartements ist eine Tafel gedeckt. Auf dem Tisch steht Frankenthaler Porzellan aus dem 18. Jahrhundert. Beim Besteck handelt es sich um Augsburger Tafelsilber. Die Gläser stammen aus Murano. Dekoriert ist die Tafel mit Bäumchen aus der Nymphenburger Porzellanmanufaktur.

Eine Marmorbüste im Raum zeigt den Hausherrn Lothar Franz von Schönborn. Der etwas füllige Herr entspricht dem damaligen Schönheitsideal. Reichtum und Wohlstand drückte man durch Leibesfülle aus. Es gibt noch ein Schlafzimmer und ein Arbeitszimmer. Das Glanzstück im Appartement ist das um 1715 ausgestattete

Spiegelkabinett.

An die Wänden ist eine kostbare Täfelung angebracht. Der Fussboden wurde sehr aufwändig verlegt. Das Spiegelkabinett zählt zu den bedeutendsten Räumen dieser Art in Deutschland.

Die große Galerie

wurde auf Wunsch des Bauherrn im 1. Obergeschoss untergebracht. Lothar Franz plante für seine Gemälde eigene Räumlichkeiten. Die Galerie mußte gut aus seinen Privaträumen zu erreichen sein. Der Besucher sollte vom Haupteingang in den Genus seiner Kunst kommen.

Der Raum wurde gleich als Galerie geplant. Es wurde kein Kamin eingebaut und für optimales Licht im Raum gesorgt. Der Architekt lies unterhalb der Decke Fenster einbauen. Heute ist hier, mit über 600 Bildern, die größte Barockgemäldesammlung von Deutschland in privater Hand zu sehen. Zur Sammlung gehören u.a. Werke von Peter Paul Rubens, von Breughel, Tizian und Anhonis van Dyck.

Der Marstall

Gegenüber vom Schloss ist der von Maximilian Welsch halbrund gebaute Marstall. Als Marstall wird das Gebäude für Pferde, Wagen, Kutschen und das Geschirr der Pferde bezeichnet. In der Zeit des Barocks wurden diese Stallbauten sehr prunkvoll ausgeführt und an die Größe des Anwesens angepaßt.

Links neben dem Marstall ist das Gebäude der ehemaligen Ökonomie. Rechts vom Marstall rahmen die Orangerie, Fasanerie, Brauerei und Schänke den Ehrenhof ein.

Zum Schloss gehört ein 15 Hektar großer Schlosspark. Der ursprünglich barocke Park wurde im 19. Jahrhundert umgestaltet. Es entstand ein englischer Garten mit Dammwild.