Schnaittenbach

ist eine Stadt im Landkreis Amberg-Sulzbach ca. 70 km von Nürnberg entfernt. Schnaittenbach hat nur 4260 Einwohner bestehend aus 16 Gemeindeteilen mit den Siedlungstypen Dorf, Weiler, Einöde und dem Hauptort mit 3020 Einwohnern.

Das Dorf Schnaittenbach wird erstmals in einer Urkunde der Grafen Ortenburg-Murach vom 23. April 1271 erwähnt, als die Grafen ihre Rechte und Besitzungen an den Wittelsbacher Herzog Ludwig II. verkauften.

Um das Jahr 1313 erhielt der Markt Schnaittenbach vom Wittelsbacher Herzog das Marktrecht verliehen. Durch dieses Recht war die Magistratsverfassung, die Marktgerichtsbarkeit und die Hoch- und Blutgerichtsbarkeit verbunden. Später verlor Schnaittenbach das Marktrecht an den Landrichter von Amberg.

Die wirtschaftliche Lage im Markt Schnaittenbach war nach einer Überlieferung aus dem 18. Jahrhundert sehr schlecht. Es gab zwar Drechsler, Weber, Strumpfstricker und Rotgerber, doch die Bürger wollten sich nur auf die Landwirtschaft verlassen und ließen ihre Söhne kein Handwerk erlernen.

Die wirtschaftliche Lage änderte sich für das Dorf erst im Jahr 1833, als ein mittelloser Buchhalter im Stadel von einem Gastwirt ein Karolinwerk (Kaolin ist eine Porzellanerde) errichtete. Dies war die Gründung der oberpfälzischen Kaolinindustrie im Gemeindegebiet von Schnaittenbach. Das Kaolinrevier Hirschau-Schnaittenbach ist das größte Kaolingebiet Deutschlands in dem Kaolin-Bergbau betrieben wird.

Mit dem Bau der Eisenbachstrecke Amberg-Schnaittenbach im Jahr 1898 wurde die Entwicklung der Kaolinindustrie weiter gefördert, in der einige hundert Menschen arbeiteten.

Kaolin verwendete man vor allem in der Porzellanherstellung. In der Oberpfalz, in Oberfranken und in Böhmen entstand eine florierende Porzellanindustrie. Weitere große Abnehmer waren die Papier- und Keramikindustrie. Nachdem die Rohstoffreserven nur noch für einige Jahrzehnte reichen, läuft die Rekultivierung in der gesamten Umgebung. Es soll eine große Seenlandschaft entstehen.

Wir sind nach Schnaittenbach gefahren, weil wir gelesen haben, daß es hier einen Natursee mit Campingplatz gibt. Auf dem Campingplatz sind viele Dauercamper. Für Tagescamper ist Platz auf einer großen Wiese. Auf dem riesigen Gelände vom Naturbad findet man ein Schwimmbecken für Schwimmer und Nichtschwimmer, eine 11 Meter lange Wasserrutsche sowie ein Kinderschwimmbecken. Man kann Tischtennis spielen oder sich am Bolzplatz austoben. Beim Kiosk am Bad gibt es gekühlte Getränke sowie Pizza oder Currywurst.

Schnaittenbach hat natürlich eine Kirche, die Stadtpfarrkirche St. Vitus, die erstmals 1326 im ältesten Pfarreieinverzeichnis des Bistums erwähnt wird. Seit dem Jahr 1433 gilt die Kirche als Pfarrei, die Glocke stammt aus dem Jahr 1461. Aus der Inschrift an der Glocke geht hervor, daß die Kirche dem Heiligen Vitus geweiht ist. Diese Glocke ist heute die Sterbeglocke. In der Glockenstube gibt es noch eine Bruderschafts-, Vitus-, Angelus-, Schutzengel- und Marienglocke.

Im Kirchhof von St. Vitus befindet sich die Lourdes-Kapelle von 1911. Die Grotte wurde vom seinerzeit tätigen Pfarrer, Peter Meiler, im damaligen Friedhof, der sich um die St. Vitus Kirche befand, im neobarocken Stil in Auftrag gegeben.

Gegenüber der Kirche steht das Rathaus von Schnaittenbach.

Geht man beim „alten Rathaus“, durch das hölzerne Tor, ist man in einem sehr sehenswerten Kräutergarten. Das Haus mit dem Glockentürmchen stammt im Kern aus dem 17. Jahrhundert.

Vom Garten- und Obstbauverein wurde hier auf mehr als 2000 Quadratmeter ein botanisches Kleinod angelegt, in dem mehr als 350 Kräuter-, Gewürz und Heilpflanzen zu finden sind. Am Eingang vom Garten sind Beete mit Heilkräutern.

Ein Klostergarten wurde um die Statue der Heiligen Hildegard von Bingen angelegt, in dem die Pflanzen wachsen, die von ihr zu Heilzwecken eingesetzt wurden.

Es folgen Beete mit bereits vergessenen Heilmitteln aus der Klostermedizin des Mittelalters. In Hochbeeten gibt es eine große Auswahl von Küchenkräutern sowie zahlreiche Gemüsepflanzen. Es folgt ein Weg mit exotischen Kübelpflanzen, die in der ganzen Welt angesiedelt sind. Der Weg endet in einem Naturgarten mit einer Holzbrücke über den Ehrenbach. In den verschiedenen Bereichen gibt es Sitzgelegenheiten, die zum „Seele baumeln lassen“ einladen. Im Kräutergarten, der im übrigen kostenlos ist, sollte man sich Zeit nehmen zum „sehen, hören, fühlen, schmecken und riechen“.

Beim Ausgang vom Kräutergarten ist eine Stele mit einem Spruch von Friedrich Hebel, der zum Nachdenken einlädt.

Unweit vom Kräutergarten steht ein Haus mit einem Portal mit drei Türen, in denen ein dreiteiliges, schmiedeeisernes Gitterwerk zu sehen ist. Im Gitter über den Türen ist die Jahreszahl 1896 zu lesen. Das spätmittelalterliche Gebäude, ein Ackerbürgerhaus, wird als Rasel-Haus bezeichnet und stammt im Kern aus dem 17. Jahrhundert.

Zufällig lesen wir, versteckt zwischen dem wilden Wein, daß sich hier eine Gaststätte befindet, die nur am Freitag geöffnet hat. Es ist die Tafernwirtschaft „Zum Goldenen Löwen“, zu der auch ein Biergarten gehört.

Wir wußten nicht, was eine „Tafernwirtschaft“ ist und haben uns deshalb schlau gemacht. Das „Tafernrecht“ wurde einem Wirt vom Landesherrn verliehen. Es ist mit der heutigen Gaststättenkonzession vergleichbar. Mit dem Tafernrecht hatte der Wirt das öffentliche Schank- bzw. Krugrecht, d.h. er durfte Bier, Wein und Branntwein ausschenken und hatte das Herbergs- und Gastrecht inne. Auch die „Fremdenstallung“, d.h. das Unterstellen und die Versorgung der Zug- und Reittiere, gehörte zur Tafernwirtschaft.

In der Tafernwirtschaft fanden Stuhlfeste statt. Das Stuhlfest war ein ritueller Bestandteil der Vorbereitung einer Hochzeit, nachdem zuvor die finanziellen Angelegenheiten bei einem Notar erledigt waren. Bei einem Gespräch mit dem Pfarrer und dem Brautpaar wurde das Aufgebot vorbereitet und die Aufgaben und Pflichten des zukünftigen christlichen Hausstandes besprochen. Nach diesem Ritual nahm der Hochzeitslader seine Tätigkeit auf.

Der Wirt der Tafernwirtschaft durfte Verlöbnisfeiern, Hochzeiten, Tauffeiern und den Leichenschmaus bei Todesfällen ausrichten. Auch die Nachlassverhandlungen wurden in der Wirtschaft geführt. Rechtsgeschäfte wurden mit Weintrinken abgeschlossen. Gab es im Ort kein Amtshaus, fanden hier auch Gerichtsverhandlungen statt.

Der Tafernwirt durfte nicht nur Getränke ausschenken, er hatte auch das Brau- und Brennrecht und die „Backgerechtigkeit“, d.h. er durfte einen Ofen anlegen und Brot backen. Doch es gab auch soziale Verpflichtungen für einen Tafernwirt. Er mußte wandernde Handwerksgesellen gegen Geld oder handwerkliche Gegenleistungen beherbergen. Ein Wirt ohne Tafernrecht war nur ein Zapfwirt.

In der Tafernwirtschaft „Zum Goldenen Löwen“ ist sogar auf den Tellern das Logo und die Bezeichnung „Tafernwirtschaft“ eingebrannt.

In Schnaittenbach gibt es viele Ackerbürgerhäuser. Der Begriff war uns nicht geläufig. Als „Ackerbürgerhaus“ werden Gebäude bezeichnet, in denen der Bürger einer Stadt oder Marktgemeinde lebte, der seine Einkünfte im Haupterwerb aus der Landwirtschaft erzielte. Ackerbürger „Stadtbauern“ waren im Mittelalter innerhalb der Stadt eine Sondergruppe mit Bürgereigenschaft. Der Ackerbürger bewirtschaftete seine Ländereien innerhalb der Stadt und pachtete sich landwirtschaftliche Nutzflächen von anderen Bürgern dazu.

Ein Ackerbürgerhaus erkennt man an der meist großen Toreinfahrt, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb nötig war.

Das Haupthaus von der „Brauerei Gasthof Haas“ ist im 17. Jahrhundert entstanden und wurde nach und nach erweitert. Das Haus, in dem sich heute auch ein Hotel befindet, ist seit über 100 Jahren in Familienbesitz.

Im Rückgebäude war die Brauerei. Im Hof des Anwesens steht ein kleiner Brunnen. Das Turmzimmer kann angemietet werden.

Wir wollten in Schnaittenbach nur zwei oder drei Tage verbringen. Es wurden 17 Tage, wie schnell doch die Zeit vergeht.